Hätte ich was zum „Tag der Deutschen Einheit“ vor 4 Tagen sagen sollen? Nö, denn wir haben keine „deutsche Einheit“ und das aus den verschiedensten Gründen.
Selbst unseren amtlichen Politikern liegt in diesem Jahr die europäische Einheit (EU) mehr am Herzen und man hat die deutsche Variante einer Einheit wohl weitgehend abgeschlossen. Also ist sie nicht mehr so großartig der Rede wert. Hat ja auch was Gutes: Es gibt diesmal kaum noch die unerträglichen Jubel- und Tränenreportagen über die „friedliche Revolution“, den „Mauerfall“, weinende, befreite Ossis und strahlende Politiker.
Kommen wir also zurück zu meinem heutigen privaten Gedenktag: Der „Tag der Republik“.
Die DDR wäre heute 63 Jahre alt geworden – jedenfalls ein Tag des Nachdenkens über die ersten 35 Jahre meines Lebens in einem deutschen Staat, an dem heutzutage von offizieller Seite in der BRD kein gutes Haar gelassen wird.
Das sollte schon ein Grund sein, sich mit dem Thema DDR allseitig zu befassen. Nein, nicht hier und jetzt; es ist mal ein Tipp, nicht alles gedankenlos zu lesen und widerzukäuen was uns hier und heute unsere „Qualitätsmedien“ so vorsetzen.
Wer allerdings objektive Informationen über die DDR bei Wikipedia sucht, sehe vorher kurz in´s Quellenverzeichnis dieser abenteuerlichen, enzyklopädischen Schreibereien: Weisse Bescheid?
Warum wurde seit der Gründung der DDR bis zum Ende derselben und wird auch selbst heute noch, 23 Jahre nach dem „Beitritt“, von offizieller Seite alles gnadenlos in den Dreck getreten, was auch nur im Ansatz das sogenannte jetzige („alternativlose“) freiheitlich-demokratische und soziale Gesellschaftssystem erschüttern könnte. Darüber solltet IHR mal nachdenken. Mein persönliches Fazit zum Leben in der neuen Diktatur der Banken fällt nämlich eher vernichtend aus.
Bis 2002 lebte ich noch in Greifswald und irgendwie fand ich als Handwerker auch meist Arbeit – es gab ja genug zu renovieren, sanieren und zu bauen. Das ließ dann allerdings langsam nach. Es gab die ersten Firmenpleiten, von denen ich zwei miterlebte und es wurde schwieriger irgendeinen Job zu bekommen. Nichtsdestotrotz wäre ich natürlich in Greifswald geblieben, auch wenn der Verdienst im Vergleich deutlich niedriger war als in den „gebrauchten Bundesländern“.
Naja…warum ich dann 2002 doch in Krefeld am Niederrhein gelandet bin, kann man hier ja nachlesen.
Klar haben wir früher gemeckert über Mängel und andere Unzulänglichkeiten im damaligen System, man erfuhr es ja auch nicht offiziell, welche objektiven Ursachen das hatte. Mehr Offenheit wäre damals auch schon mal hilfreich gewesen.
Ja es war schick und eine Art Protest, mit USA-T-Shirts und Levis rumzulaufen. Es wurde alles gnadenlos akzeptiert, was aus dem Westen kam: Musik, Klamotten, Geld, Nachrichten, Reisemöglichkeiten usw. Trotzdem sind wir nicht auf die Straße gegangen, um das alles einzutauschen gegen ein Leben im Kapitalismus.
„Stasi in die Produktion“, „Wir sind DAS Volk“ oder „Mehr Reisefreiheit“ waren die ersten Parolen bei unseren Montagsdemos.
Es ging uns darum, das System zu verbessern und nicht radikal zu ändern oder wegzuputzen.
Als dann „Deutschland“-Rufe aufkamen und „Wir sind EIN Volk“ gebrüllt wurde, war eigentlich schon alles verloren.
Ich habe dann nur noch im Fernseher verfolgt, wie der Westen diese Montagsdemos unterwanderte und in die „richtige“ Richtung lenkte. Diese Richtung ist bekannt: Übernahme und Plattmachen der DDR-Wirtschaft und Ausschalten von lästiger Konkurrenz und neue Absatzmärkte erschließen.
Gewinner der „deutschen Einheit“ waren vor allem westliche Konzerne.
Auch ich hatte mich mit der „Wiedervereinigung“ abgefunden und ließ mich von den Versprechungen und die Aussicht auf „Blühende Landschaften“ anstecken…Ein Tiefpunkt in dieser Zeit: Ich wählte die CDU(-„Birne“ Kohl). Natürlich, es ist nicht zu entschuldigen. *g*
Als mir dann aber im „West-Fernsehen“ ununterbrochen erklärt wurde, wie beschissen es mir in der zurückliegenden Zeit gegangen ist, begann ein neuer Abschnitt in meinem Leben: Erkenntnis und Umdenken. Wer erlaubte sich denn, mir zu erklären, wie schlecht mein Leben in dem anderen deutschen Staat war?
Ich hörte erstmals absichtlich Ost-Rockmusik, kaufte nach Möglichkeit nur noch Ost-Produkte und verteidigte „meine“ DDR gegen (West)-Vorurteile. Die neuen Möglichkeiten nach 1990 in dieser veralteten Gesellschaftsordnung erschöpften sich ja schnell und wichen einer Ernüchterung.
Ich wurde DDR-Fan, zum Entsetzen meiner Mutter. *g*
Ob ich die DDR zurückhaben möchte, kann ich nicht eindeutig mit ja oder nein beantworten. Ganz so wie sie war nicht unbedingt, aber wie schon erwähnt: Wir wollten ja auch was verändern.
Hier will ich nicht abwägen und vergleichen wo und wie es mir besser ging, da gibt es genug andere Seiten und der Beitrag ist lang genug, finde ich.
Und kam diesmal fast vollständig ohne ironische Bemerkungen aus.
Was ist von der damaligen DDR eigentlich geblieben?
Wenigstens ICH.
Eben drum „es wurde gnadenlos akzeptiert, was aus dem Westen kam“. Und da kann man sich dann auch vorstellen, was viele Montagsdemonstrierer wirklich motiviert hat. Sarkastisch gesehen könnte man „Wir sind das Volk“ auch mit „Wir wollen shoppen“ übersetzen. Mal im Ernst: als Wessi habe ich die „Stimmung des Wandels“ bis zur Auflösung der DDR in einem gewissen Sinne eher nebelhaft wahrgenommen. Dieser „Nebel“, das war die „Wiedervereinigung“. Fand es schade, dass dort die Chance vertan wurde, die „andere“ Nachkriegsrepublik zu reformieren, dem „Experiment“ also frischen Wind einzuhauchen und es fortzusetzen. Hätte gut mit zwei deutschen Staaten leben können. (Es wäre auch eine Bereicherung für das „Europäische Haus“ gewesen). Dass es dazu nicht gekommen ist, hat aber leider nicht nur mit der ökonomischen Macht (und den damit verbundenen Medien) der BRD zu tun, sondern auch mit der Bevölkerung der DDR selbst. „Halb zog sie ihn, halb sank er hin“. So sehe ich das zumindest.
Mit besten Grüssen …
Zum Thema Anschluß wäre trotzdem eine Volksabstimmung wünschenswert gewesen. Wie damals zur Gründung der EU und Einführung des Euro – ach die gab es auch nicht? Kannste mal sehen, was DIE von denen halten, „die schon länger hier wohnen“.
Eine Volksabstimmung wäre nicht nur wünschenswert, sondern geboten gewesen. In puncto Anschluss hat’s ja selbst auf der Krim ein Referendum gegeben …