Rohrkrepierer

Wie tolerant sind wir wirklich?
In einem Anfall geistiger Umnachtung und mangels eigener, guter Programmideen macht ProSieben den 8. April 2011 zum „Tolerance Day“. Mit zu Herzen gehenden Parolen und Schlagwörtern – meist im bewährten Englisch (deutsch ist nicht so tolerant) – Enjoy Difference, Start Tolerance, Love and Peace, No Hurt, Make Love, Kiss me, Start now, Alle zusammen, No War, All 4 one – hat man FlowerPower neben „Shopping Tipps“ und Bildern dunkelhäutiger Kinder und Künstler auf eine Internetseite gepreßt und versucht dem Besucher einzureden, daß er nicht tolerant genug sei.
Nun, die Seite ist so schlecht gemacht, daß man als erstes anscheinend die Toleranz der Besucher testen wollte. Am Besten, man klickt das hier wirklich gleich wieder weg.
Unter der Schlagzeile „Nichts trennt mehr als Unwissenheit“ gibt sich ProSieben als neuer Info-Kanal, wo man aber wirklich Wissenswertes zwischen den unvermeidlichen Werbeblöcken vergeblich sucht.
Doch hier: „Männer sagen: WOW“ … ach Quatsch, das war die Gillette-Werbung.

Wie wird man nun tolerant? Ganz einfach: „Verbinde dich mit einem kurzen Klick über den Teilnahmebutton mit deinem Facebook-Konto und schon bist du dabei.“
Das ist ja einfach, fast so leicht wie sich mit einer roten Kunststoffnase (Red Nose) als spendierfreudiger, lustiger Gutmensch zu verkleiden.
Wobei bei dieser Aktion eben nur Facebook-Nutzer geduldet werden, alle anderen bleiben außen vor…und sicher intolerant.

Hier noch der Senf von ProSieben-Prominenten auf dieser Seite:
Charlotte Engelhardt: „Türkinnen tragen Kopftücher – Ich auch!“
Mmmm, das nenn ich tolerant!
Aiman Abdallah: „Toleranz ist keine Einbahnstraße“
Eine der „Einbahnstraßen“-Varianten, gerne von Politikern benutzt.
Daniel Aminati: „Für mich bedeutet Toleranz …: Leben und leben lassen“
Die etwas tiefgründigere Version.

„Wir machen Fernreisen, essen Speisen aus verschiedensten Ländern, praktizieren Yoga, Tai Chi und richten unsere Wohnungen nach Feng Shui ein.“ erfahre ich hier noch. So gesehen erfülle ich nicht mal die Grundelemente der Vorstufe zu einem toleranten Menschen. Fernreisen werden (aus finanziellen Gründen) immer seltener, am liebsten esse ich immer noch einheimische Speisen und Tai Chi und Feng Shui halte ich für fernöstlichen HokusPokus.

Bis 18:00 hatten sich sage und schreibe 1330 Facebook-Teilnehmer beim „Band der Toleranz“ eingetragen – Ziel nicht erreicht, kann man sagen. Aber das war bei diesem Blindgänger im Namen der Toleranz auch nur zu erwarten. Es blieb bei einer Eigenwerbesendung für ProSieben und wer wie ich kaum fernsieht geschweige absichtlich solche Internetseiten aufsucht, hat auch diesmal nichts verpaßt. Die einzige Botschaft dieser Dauerwerbesendung:

Sei tolerant – gucke Privatfernsehen!

10 Kommentare:

  1. @Bilbo,
    nuja, es sollten drei Worte zum Nachdenken sein. Toleranz ist etwas, was jeder Mensch als etwas Selbstverständliches ansehen, jedoch auch da gibt es Grenzen. Die fangen beispielsweise dort an, wo verlangt wird, das Einzelne oder die Gesellschaft bestimmte Werte aufgeben muss. Werte für Toleranz zu opfern, nur weil es gerade überall angesagt ist, halte ich perönlich für dumm. Ergo: Toleranz ist gar nichts, wenn sie nicht gegenseitig ausgeübt wird. Ist halt meine Meinung .. tolerier es einfach :-)

  2. Ich bin kein Mensch der vielen Worte, daher nur kurz.
    Tolerant -> toleranter –> dumm! :roll

  3. Leben und leben lassen. Ich denke man muss sich nicht an hunderten „mehr Toleranz“ Wettbewerben oder Aktionen beteiligen. Besser wäre es einfach mal im Alltag rücksichtsvoller zu sein.

    Bsp: Kinder im Bus. Klar sind diese laut. Mal erinnern: Ja wir waren früher auch laut, also kurz ertragen und gut.
    Jemand hört so laut Musik mit den Kopfhörern das man jedes Wort versteht. Und? Einfach mal nicht beachten und ausrasten.

    Ich glaub dann wäre der Alltag auch entscheidend ruhiger. Mich stört auch vieles, aber entweder wechsel ich den Bus/Bahn/whatever oder ertrags die paar Minuten. :)

    • @rick,

      Zum Teil stimme ich dir zu, rücksichtsvoll zu sein hat mit Toleranz zu tun und wenn beide Seiten „rücksichtsvoll“ sind, dann brauchts auch die angesprochenen Aktionen nicht.
      Deine Beispiele jedoch haben damit nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun. Toleranz muss von beiden („allen Beteiligten“) geübt werden, nicht nur auf diese Weise…“der Lärm ist mir lästig, an der nächsten Station steige ich aber sowieso aus“.
      Das ist keine Toleranz sondern, bitte entschuldige, das ist Feigheit sein Recht einzufordern das jedem zusteht. Nämlich sein Ziel auf so angenehme weise wie nur möglich zu erreichen. Für den man ja auch einen gewissen Betrag zu rntrichten hat.
      Ich bin nicht gegen Kinder und ganz sicher nicht der Meinung ihren Bewegungsdrang, Lautstärke eingeschlossen, über die Maßen zu begrenzen, aber alles muss man sich nicht gefallen lassen. Ich will keine Duckmäuser, aber auch keine Kinder die Grenzen nie kennengelernt haben. Tja, da wären vor allem die Eltern gefordert und dann die Erzieher, Lehrer usw.

  4. Ja, das Thema Fernsehen hatten wir ja schon ein paar Mal am Wickel. :drink:

    Das war vielleicht ein Ausblick auf das bevorstehende „Sommerloch“…es geht bestimmt noch sinnfreier.
    Leider konnte ich Susi noch nicht überzeugen, daß der Fernseher wenigstens nicht mehr nur so nebenbei läuft, aus Gewohnheit eben.
    Bin ICH eigentlich tolerant? Na jedenfalls nicht intolerant. Mir kann jeder sagen was ich will.

    • @Weberknecht,

      Sinnfreier? Meinst du wirklich die können das noch toppen? :-o

      Dass die Glozze so nebenher läuft hats bei mir nie gegeben. Wahrscheinlich weil die im anderen Zimmer steht. :grin: Radio, oder Musik allgemein, läuft allerdings fast immer. :-)

      Ob ich tolerant bin hab ich mich auch schon gefragt. Ich würde sagen…., so weit es mir in den Kram passt! :-)

  5. @Weberknecht

    Nein, sooo toll-erant bin ich nicht, dass ich mir Pro7 noch antue. RTL in Einzelfällen (Jauch), aber dann hat es sich schon mit Privatfernsehen. Öffentlich Rechtliche (3er Programme), DVDs oder die Kiste bleibt aus.

    Das ganze Toleranz-Gequatsche sollten sie sein lassen, denn damit erreichen sie nur, dass sich die wenigen wirklich toleranten Leute auch noch davon abwenden. Die erreichen mit ihrem Geschrei doch nur das Gegenteil. Nun…, vielleicht wollen die das auch!? :-?

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