Habe ich mich in meiner Abwesenheit von Vorpommern – immerhin fast 17 Jahre – inzwischen verändert?
Seit 2002 wohne ich in NRW, Krefeld. Wegen Susi hauptsächlich, weil sie so schnell keinen Job fand im Nordosten. Auch wegen oft fehlender Arbeit für mich in MV, das war aber nicht der Hauptgrund.
Wenn man zwischen Hungerlohn, vergeblichem Staubsaugerverkauf und Arbeitslosigkeit keine Wahl mehr hat, weil man das alles schon probiert hat, fällt die Entscheidung leichter. Man packt seine 7 Sachen und verschwindet mal eben so.
Ja, ich bin natürlich etwas anders geworden: Ein paar Jahre älter, lange Zeit Leiharbeiter, ein überstandenes Dickdarmkarzinom, und inzwischen Rentner. Das alles in einer bizarren, vollkommen westdeutschen Welt, die mir manchmal um die Ohren fliegt.
Ich bin in Krefeld etwas „härter“ geworden und verschenke keine Euros mehr an Obdach- und Arbeitslose oder spende für krebskranke Kinder. Das aber nicht weil ich ein Arsch geworden bin, sondern weil ich mit bettelnden, auf der Straße lebenden Menschen nicht umgehen kann.
Was ich in Krefeld gelernt habe: Ich kann diesen Menschen inzwischen etwas besser aus dem Weg gehen.
Vor zwei Wochen kam mir auf den Weg in die Stadt, eine ca. 45-jährige etwas abgerissen gekleidete Frau entgegen und ging direkt auf mich zu. Sie bat mich um etwas Kleingeld für eine Unterkunft in der Nacht. Ich schüttelte den Kopf und ging schnell vorbei. Einen Moment später sagte ich mir, daß ich diesen einen Euro wohl doch übrig gehabt hätte. Ich ging schnell noch mal zurück – die Frau habe ich aber nicht mehr gefunden.
Das mal am Rande – mein guter (weicher) „Ost“-Kern ist also doch noch vorhanden.
Bis 2002 habe ich in Greifswald übrigens nicht einen Bettler gesehen, aber vielleicht hat sich das inzwischen auch längst geändert.
Ich hatte hier schon mal über einen entfernten Arbeitskollegen geschrieben, der 1990 auf einem Greifswalder Trödelmarkt Schuhcremes verkaufen wollte.
So tief wollte ich nicht sinken.
